Bemerkungen über Bergbauflaschen

Was sind Geduldflaschen (Eingerichte)?

Amethystdose
Bergmännische
Geduldflasche,
Kremnitz, Slowakei,
1. H. 19. Jh.

Als Geduldflaschen (Eingerichte) bezeichnet man Erzeugnisse der Volkskunst, bei denen themenbezogene Schnitzereien in das Innere von - zuletzt kunstvoll und irreversibel verschlossenen - Glasflaschen eingebracht werden. Die Flasche selbst bildet somit eine selbstgewählte, hohe handwerklich-technische Hürde für den Hersteller. Zu den wichtigsten Typen von Geduldflaschen zählen die Buddelschiffe, religiöse Eingerichte, Vexierflaschen, bergmännische Geduldflaschen und Darstellungen anderer Berufe (Web- oder Wirkstühle) u.a.m.

Wann sind die ältesten Geduldflaschen entstanden? Im Inventar der Gottorfer Kunstkammer aus 1694 ist eine Bergbauflasche erwähnt, die (nach einem späteren Inventar) die Jahreszahl 1679 erkennen ließ. Eine sehr alte, untypische, birnenförmige Flasche (im Heimatmuseum und Naturalienkabinett Waldenburg / Sammlung Linck) mit Mineralien und einem Bergmann, dürfte noch aus dem 17. Jh. stammen, die ältesten bekannten Geduldflaschen aus dem 18. Jh. wurden 1719 hergestellt. Die eine Flasche (von J. C. Held) enthält einen Wirkstuhl, die andere - ein Bergbaueingericht - stammt von Matthias Buchinger, der, obwohl ohne Hände und Beine geboren, schon um 1711 Geduldflaschen baute. Die Flasche befindet sich nun in Snowshill Manor, England. Ein weiteres sehr altes Eingericht stammt vermutlich aus dem alten Goldbergbau bei Reichmannsdorf nahe Saalfeld in Thüringen. Es enthält einen Bergmannsspruch und ein Monogramm, das eine Datierung um das Jahr 1725 erlaubt.

Amethystdose
Bergmännische Geduldflasche, Gottesberg, Vogtland, F. Hammer, 1869 (Erzgebirgsmuseum Annaberg-Buchholz)

Flaschen aus dem alten Ungarn und aus Deutschland

Mehr als 100 derartige Bergbauflaschen aus dem 18. und 19. Jh. konnten dem Gebiet der früheren "niederungarischen Bergstädte", also vor allem dem Raum um Schemnitz und Kremnitz, eventuell auch um Neusohl in der heutigen Mittelslowakei, zugeordnet werden. Allen gemeinsam sind die rechteckige Flaschenform und die Einrichtung in meist 2 - 4 Etagen (in den unteren Sohlen stets Erzabbau mit Förderung, in der Mitte Haspel, Aufbereitung, Verhüttung, Münze und in der Obertagebene die Darstellung einer Bergsitzung oder des Berggerichts, der Probierkunst, eines Klopfturms oder auch religiöser Motive). Anhand verschiedener bautechnischer Eigenheiten und Schnitzdetails erfolgte eine Typisierung in mehrere Gruppen. Einige Flaschen enthalten Angaben über Hersteller mit Jahreszahl, die ältesten Objekte sind mit 1737, 1744, 1745 und mit 1751 datiert. Zur geographischen Zuordnung sind vor allem die eingebrachten Mineralien, Einzelheiten der Einrichtung und die Farben der Festtagstrachten herangezogen worden.

Von den 93 alten Geduldflaschen aus (früheren) deutschen Revieren stammen die meisten aus Johanngeorgenstadt /Sachsen oder Gottesberg (heute Boguszów-Gorce) in Schlesien (letztere meist signiert und datiert). Sie sind häufig mit einer von außen bedienbaren Kurbel ausgestattet, durch welche die geschnitzten Bergleute oder technische Einrichtungen in Bewegung gesetzt werden können. Diese Flaschen weisen vorwiegend quadratischen Querschnitt mit relativ kurzem Flaschenhals auf und sind auch in der Art der Einrichtung, der Tracht der Figuren sowie des häufigen Motivs einer Bergmanns-Musikkapelle in der Obertageetage deutlich von jenen aus dem alten Ungarn unterscheidbar. Die sächsischen Objekte können etwa ab der Mitte des 18. Jahrhunderts nachgewiesen werden, vereinzelt sind sogar noch frühere Flaschen vorhanden. Jüngere Eingerichte (vor 1900) mit kreisförmigem Querschnitt und langem Flaschenhals sind für Harzer Bergreviere typisch.

In der Mittelslowakei und in Ungarn, aber auch in Deutschland gibt es noch einige wenige Schnitzer, die in Fortsetzung der alten Tradition bergmännische Eingerichte herstellen.

Englische Übersetzung (Translation)!



Zurück zur Startseite!